Hamburger Impulse

Hamburger Impulse zur Depolarisierung medialer Debatten

Aktuelle Debatten in den Medien zu Themen wie Klimaprotesten oder Migration sind häufig von einer aggressiven Stimmung und extremen Positionen geprägt. Sowohl in digitalen Netzwerken als auch in journalistischen Debatten scheint es kaum möglich, Lösungen zu finden oder ein gemeinsames Grundverständnis für die drängenden Probleme zu schaffen. Wenn öffentliche Diskurse politische Entscheidungsfindung behindern, anstatt diese kritisch und konstruktiv zu begleiten, wird die Grundlage der Demokratie geschwächt. Zunehmend zeigt sich die Frustration der Bevölkerung durch die Wahl rechtsextremer und antidemokratischer Parteien. Die mediale Darstellung von Politik durch polarisierende Debatten verstärkt den Eindruck, dass Politik weniger als gemeinschaftliche Suche nach Lösungen, sondern vielmehr als ritualisierter Schlagabtausch extremer Stimmen wahrgenommen wird.

Die „Hamburger Impulse zur Depolarisierung medialer Debatten“ greifen dieses Problem auf. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischer Erfahrungen haben Wissenschaftler:innen, Journalist:innen, Community-Manager:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen Strategien entwickelt, wie journalistische Berichterstattung und Community-Moderation zu einer konstruktiveren Debattenkultur beitragen können. Diese Ideen sollen als Denkanstöße dienen, die persönliche Rolle zu reflektieren und Schlussfolgerungen für die eigene berufliche Praxis zu ziehen.

Impulse für den Journalismus

Demokratische Grundwerte bewahren

Journalismus sollte gesellschaftliche Konflikte und auch radikale Ideen aufgreifen – wenn diese relevante Probleme produktiv adressieren und nicht gegen Grundwerte der Demokratie verstoßen.

Journalistische Berichterstattung sollte die gesamtgesellschaftliche Suche nach Lösungen für Probleme in den Vordergrund rücken, statt vor allem Konfliktpotential auszuloten.

Journalistische Berichterstattung kann das Bewusstsein für die Dilemmata politischer Entscheidungen schärfen.

Journalistische Berichterstattung sollte klar zwischen überprüfbaren Fakten und politischen Meinungen unterscheiden. Falsche Tatsachenbehauptungen sollten richtiggestellt oder erst gar nicht zitiert werden

 Journalistische Berichterstattung über Polarisierung und Konflikte sollte wissenschaftliche Daten über Kontroverse und Konsens in einer Gesellschaft widerspiegeln.

Journalistisches Erzählen sollte prüfen und offenlegen, ob die dargestellten Verhaltensweisen und Zusammenhänge repräsentativ für die jeweilige Gruppe sind oder einen verzerrten Blick auf die Welt eröffnen.

Journalistisches Storytelling sollte den Lesenden nicht nur Identifikation, sondern auch Distanz ermöglichen.

Medienorganisationen können über Berichterstattung hinausgehen und das Publikum ins Gespräch bringen.

Impulse für das Community-Management

Aktiv moderieren

Diskussionen müssen aktiv moderiert werden, damit sie nicht übermäßig polarisieren.

Die polarisierende Dynamik in Kommentarbereichen und auf sozialen Medien ist weniger durch Echokammern als durch Grabenkämpfe gekennzeichnet. Moderation sollte versuchen, Grabenkämpfe zu entschärfen.

Moderation sollte vielfältig erfolgen: regulierend, unterstützend, bestärkend und zuhörorientiert.

 Für die Moderation braucht es professionelle Moderator:innen und Ressourcen.

Der Erfolg der Moderation sollte evaluiert werden. Neben der Reichweite sollten Metriken zur Messung der Qualität der hervorgerufenen Diskussionen entwickelt werden.

Menschliche Moderation hat ihre Grenzen. Deshalb ist der unterstützende Einsatz von KI sinnvoll – sofern er sich an grundlegenden gesellschaftlichen Werten orientiert.

Moderation ist nur ein Gestaltungsmerkmal. Zusätzlich sollten Redaktionen mit anderen Maßnahmen experimentieren, die durchdachte und sachbezogene, statt nur schnelle emotionale Reaktionen fördern.

Die Impulse zum Download

Wie die Impulse entstanden

Die Impulse enstanden im Rahmen eines Workshops am The New Institute, der mit einer Podiumsdiskussion, moderiert von Michael Brüggemann, abgeschlossen wurde.

Auf dem Podium mit Klimaaktivistin Luisa Neubauer, der Grünen-Politikerin Ricarda Lang und der Journalistin Anja Reschke diskutierten wir über die tiefgreifenden Herausforderungen in der Klimadebatte, unter anderem die Verschiebung diskursiver Elemente in politischen und öffentlichen Debatten über den Klimawandel.